Die erste und letzte CD

Ich kann mich gut an meine erste CD erinnern. Es war die Single GO GO DANCER der Sängerin Carmen Electra. In einem Second Hand Laden hatte ich die Single gefunden. Für nur 50 Pfennig. Ich liebte das Musikvideo zum Lied und das war der Grund meiner Freude. Ich musste die CD haben und so kaufte ich sie. Der Witz an der Sache, ich besaß überhaupt keinen CD Player. Meine Familie ebenso nicht. So blieb die CD einige Jahre unbespielt in meinem Regal liegen. Auf Amazon habe ich jetzt gesehen, dass die Single für fast 30 Euro angeboten wird.

In den zwei letzten Jahren habe ich überhaupt keine CD mehr gekauft. Musik, die ich hören möchte, kaufe ich entweder als MP3 oder kann sie kostenlos bei Napster hören (ich gehöre zu den Glücklichen, die einen kostenlosen Napster Premium Account haben). Der technische Fortschritt hat unsere Welt verändert und wir sind jetzt eine digitale Generation. Der technische Fortschritt erleichtert unser Leben, doch macht sie aus uns bessere Menschen?

carmenelectra

Die erste und letzte CD

Wenn ich damals eine Musik CD haben wollte, dann musste ich hart dafür arbeiten. Eine Musik-CD hat damals eine Menge Geld gekostet und wollte man mehrere Musik-CDs haben, dann musste man eine Menge Geld dafür auf den Tresen legen. Sollen es die neuen Schuhe, die ich unbedingt brauche, oder doch die neue CD von Lenny Kravitz und Moses Pelham sein? Ich entschied mich für die Musik und dank der großen Liebe und Aufopferung meiner Mutter erhielt ich auch meine neuen Schuhe. Es war nicht einfach an Musik-CDs zu kommen und ich meine Original Musik-CDs. Keine kopierten CDs, die überall im Umlauf waren. Man musste auf vieles verzichten, um sich eine oder mehrere Musik-CDs zu gönnen, doch dieser Verzicht half den Menschen den Wert des Künstlers und seiner Musik richtig schätzen zu lernen. Doch nicht nur der Verzicht war ein Lehrmeister, sondern auch das ganze Ritual des Kaufens, öffnen der CD und das vorsichtige auflegen auf den CD Player.

CD – Compact Disc – Die CD gibt es seit dem Jahre 1979 und ist ein Produkt von SONY und PHILLIPS. Am 1. Oktober 1982 kam die erste Audio CD auf den Markt. Da es in Europa keine CD Player gab, wurde in Japan die erste Musik-CD (Billy Joel mit 52th Street) mit einen CD Player auf den Markt gebracht. Seit dem Jahr 2007 schrumpft der Audio-CD Markt weltweit.

Ich kaufte meine CDs meistens im Saturn (keine Angst, ich mache hier keine Schleichwerbung und dieser Beitrag ist auch nicht bezahlt, oder so), oder im Second Hand Laden. Es war immer wieder ein großes Erlebnis in den Saturn zu gehen. Man betrat den Laden und wurde von der Vielzahl an Musik-CDs erschlagen. Es war wie das Schlaraffenland der Musikliebhaber. Ich verbrachte Stunden beim Stöbern. An der Kasse beobachtete man meist seinen Nachbarn, welche Musik-CDs dieser in Händen hielt. Oft wunderte man sich, wie jemand sich 20 bis 30 Musik-CDs auf einmal kaufte, während man nur eine oder zwei CDs in Händen hielt. Man träumte davon eines Tages auch 20-30 CDs kaufen zu können.

Hatte man seine Musik-CDs gekauft, dann konnte man es kaum aushalten daheim zu sein und die CDs anzuhören. Da die Neugier und Ungeduld zu mächtig war, öffnete man die CDs direkt in der Straßenbahn oder an der Haltestelle. Man konnte früher oft Menschen in der Straßenbahn sehen, die vor allen Leuten ihr „unboxing“ machten. Man war dabei sehr vorsichtig, die Plastikhülle zu zerkratzen oder die Halterung der Plastikhülle abzubrechen (passierte oft) brachte schon viele Käufer zum Schwitzen und Zittern. Wenn die Plastikhülle geöffnet war, bekam man große Augen. Die meisten Musik-CDs hatten einen Aufdruck oder interessante Extras, zum Beispiel ein Beiheft, welches man Booklet nannte. In diesen Booklets befanden sich meistens die Texte der Lieder und alle wichtigen Infos. Diese Booklets waren sehr schön gestaltet und waren immer ein visuelles Highlight. Hatte das Booklet keine Lieder-Texte, war man schon etwas enttäuscht. Damals war es schwer an die Lieder-Texte zu kommen. Internet hatte nicht jeder und Websites mit Lyrics waren an einer Hand abzuzählen. Wer die Texte haben wollte, musste sich die Musik genau anhören und die Texte selbst niederschreiben. Natürlich war das nicht so einfach und manche Sätze und Worte konnte man oft sehr schwer verstehen.

Das Hören der Musik der neuen Musik-CDs war ein unvergessliches Erlebnis. Dieses erste Mal. Es gab Leute, die sich die Lieder in der Reihenfolge anhörten, während andere sich einfach Lieder rauspickten, dessen Titel sie ansprachen. Man wusste nie was einem erwartete. Einige Titel kannte man vielleicht vom Radio oder Musikfernsehen, aber der Rest war unbekanntes Hör-Land. Die Enttäuschung war natürlich groß, wenn die meisten Lieder der Musik-CD einen nicht so gefielen. Es gab selten Musik-CDs, die mit allen Liedern überzeugten, aber wenn dies der Fall war, dann war es wie ein richtiger 6er im Lotto. Man schwebte vor Glück und konnte die Musik-CD nonstop anhören. Ohne mal ein Lied zu überspringen.

Viele Musiker wussten ihre Fans glücklich zu machen, wenn sie HIDDEN TRACKS in ihre CDs einbauten. Hidden Tracks waren versteckte Lieder, die nicht in der Titelliste aufgezählt waren. Die deutsche Band SELIG schaffte es immer wieder wunderbare und ganz besondere Hidden Tracks in ihre CDs einzubauen.

Das Internet und digitale Musik veränderte die Welt und zerstörte ein Großteil der Freude an der Musik. Heute kann man sich fast jedes Lied im Internet anhören, man ist nicht mehr gezwungen eine ganze CD zu kaufen, wenn man nur 3 Lieder der neuen CD von MADONNA mag. Das Unboxing ist bei vielen Hörern kein Thema mehr. Sie besitzen ihre Festplatten und MP3 Abspielgeräte. Wenn sie einen Text eines Liedes brauchen, dann wird einfach im Internet danach gesucht. Hat man kein Geld oder keine Lust Geld zu bezahlen, lädt man sich die Lieblingslieder einfach auf einer Website runter. Es ist ziemlich einfach geworden an Musik zu kommen und das hat bei vielen Menschen dazu geführt ihren Respekt gegenüber Musiker und ihrer Kunst zu verlieren. Ebenso die Tatsache, dass man heute Musik überall konsumieren kann, hält die Menschen davon zurück für etwas zu zahlen, das sie nebenbei konsumieren.

Heute wird eher das Aussehen eines Musikers, oder das neuste Instagram Foto oder Facebook Eintrag des Künstlers gefeiert. Musik ist nur noch ein Nebenprodukt, ein Soundtrack geworden, welches im Hintergrund läuft und leicht zu ersetzen ist. Das Feingefühl zur Wertschätzung der Musik sinkt von Jahr zu Jahr. Allgemein ist das Konsumieren von Medien zu einem High-Speed Verhalten geworden. Man schaut nicht jede Woche eine Folge der Lieblings-TV-serie, nein, man schaut sie meistens in einem Stück durch. Was einem nicht gefällt, wird direkt gelöscht oder weggeworfen und bezahlen für Musik ist für viele immer noch ein Unding. „Es ist ja nur Musik.“

In Deutschland gibt es noch viele Menschen, die noch Musik-CDs und Filme auf DvDs kaufen (ich rede nicht von Blu Rays). Es gibt einen richtigen Sammlermarkt, der in anderen Ländern sehr klein ist oder nicht mal existiert.

Alles hat Vor- und Nachteile im Leben. Demnächst erscheint das neue Album von Moses Pelham mit Xavier Naidoo und ich habe mir geschworen, dieses neue Album kaufe ich als Musik-CD. Ich werde es nicht im Internet bestellen, sondern werde in den Musikladen gehen und diese CD raussuchen, damit zur Kasse gehen und sie nach Hause tragen. Wie ein Schatz in Händen halten, auspacken und in meinen CD Player legen… und den Sound von NICHT VON DIESER WELT 2 richtig aufdrehen.

ps: ich besitze die Musik-CD von Carmen Electra und wenn ihr das Lied GO GO Dancer nicht kennt, dann schaut her:

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